Vom homo sapiens zum homo urbis

3. Vom Jäger zum Bewohner

Der homo sapiens begann seine besondere Bedeutung unter den Lebewesen als Jäger und Sammler, lebte wie die Tiere in und von der Natur. Alle seine Sinne waren daher auf die natürliche Umgebung ausgerichtet. Alle Erfahrungen und sein Wissen waren voll und ganz auf diese Natur fokussiert. Es war ein elementarer Lebensstil. Seine Möglichkeiten hatten natürliche Grenzen. Doch im Gegensatz zum Tier genügt ihm dies nicht – er will mehr. Es ist immer noch ein Geheimnis, weshalb kein Affe diesen Schritt getan hat und ein Tier verblieb. Anderseits sind fundamentale Eigenheiten des Tieres im Menschen weiterhin zu finden. Daher ist seine grösste Leistung, die Entwicklung der Begriffe Liebe, Mitleid, Moral und Ethik, die entscheidende Korrekturen im Zusammenleben brachten, wenn auch nur stetig.

Das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse zu halten, ist aber bis in die heutige Zeit das grösste Probleme der Menschheit geblieben. Der einfache, tierische Überlebenstrieb bringt auch in der Moderne Probleme im Zusammenleben, denn mächtige, egozentrische und damit wohlhabende „Monarchen“ gibt es noch heute, dazu in bisher unbekannter Grösse. Der urtümliche Trieb zum Beherrschen wird potenziert durch die menschlichen Erfindungen, die dazu dienen, seine natürlichen Möglichkeiten zu übersteigen. Das hat den homo sapiens zum Herrscher dieses Erdballs befördert, leider noch wenig begabt, die Werte vernünftig zu verwalten.

In kurzer Zeit ging es nicht nur um das Überleben; beim Zank um die Leaderposition entdeckte der Schlauere schnell, wie man seine Stellung verbessern kann. Wer selber produziert, ist gegenüber dem Konsumenten im Vorteil: wer Reserven anlegt, beherrscht den Hungernden. Der Besitzende beherrscht den Bedürftigen. Die Erkenntnis, dass vor allem Besitz Macht bedeutet und körperliche Kraft allein nicht genügt, war ein folgenreicher Schritt im Zusammenleben des homo sapiens. Und die Vielfalt dieser Möglichkeiten durch Neuentwicklungen sind ins uferlose gestiegen. In der Tierwelt werden solche Grenzen schnell erreicht und bleiben stabil.

Die soziale Positionierung geschieht weiterhin durch Überlegenheit in irgend einer Form. Dies zu erreichen, ist ein wesentliches Kriterium für die Lebensqualität seiner Familie. Doch die Bewertungen als gesellschaftliche oder als Charaktersache liegen weit auseinander. In der Stadt wird die gesellschaftliche Position offensichtlicher; die Reichen leben am Stadtrand, im Zentrum, in eigenen Quartieren oder auf dem Land, die Ärmsten in Slums. Die Qualität ihres Zusammenlebens zeigt den Stand des Menschseins. Auch auf dem Land lebten die Armen in den feuchten Niederungen und Auen, auf der Schattenseite des Hügels. Doch in der Dorfkneipe sassen alle zusammen. Die Grösse erlaubt eine Gemeinschaft oder bringt Einsamkeit.

Auch beim Tier beginnt das Leben durch die Vereinigung von Männchen und Weibchen. Bei den meisten Säugetieren werden bei Geschlechtsreife die Jungen verstossen, denn es geht um die Erhaltung der Gattung und nicht um den Aufbau einer Familie. Eine animalische Eigenheit ist bei vielen Rassen ein Kannibalismus, ein sogenannter Infantizid, das Verspeisen des eigenen Nachwuchses. Somit ist wohl die grösste, humane Errungenschaft die Möglichkeit, Nächstenliebe und Mitgefühl für Fremde zu entwickeln. Diese bewusste Toleranz gegenüber Fremdenartigen ist bei den Tieren selten zu finden. Der Begriff der Verwandtschaft auch beim Menschen im Laufe der Geschichte einen diskutablen Ruf erhalten. Man begrüsst heute eine Blutauffrischung selbst durch Heirat mit anderen Rassen. Der Rassenwahn hat mit dem Nationalsozialismus eine deutliche Korrektur erhalten. In den USA gären die Überreste der schwarze Sklaverei noch ohne durchschlagenden Erfolg. Was unter Moral, Ethik und Naturgesetze subsummiert wird, ändert sich laufend nach den politischen und merkantilen Vorgaben.

Der Trend zur Familiengründung hatte jedoch zur Folge, dass sich aus Nestern Siedlungen ergaben, sich zu befestigten, leichter zu schützenden Orte entwickelten, die dadurch zu Zentren des Handwerks und des Handels wurden. Zu Beginn waren vor allem die geschützte Ortswahl und der Bezug zu natürlichen Ressourcen entscheidend, mit dem Aufkommen des Handels aber auch die günstige Verkehrslage. Es entstanden bereits vor 6000 Jahren v.C., vor allem in den fruchtbaren Flusstälern und deren Mündungsgebieten Grossstädte mit mehr als 10'000 Bewohnern wie zum Beispiel Akkad, Eridu und Uruk in Südmesopotanien. In der Neuzeit werden durch Grabungen immer neue Funde freigelegt mit neuen, städtebaulichen Erkenntnissen. Der Drang zum Zusammenschluss ist bei allen Lebewesen ein ist ein Urtrieb.

Neben dem Nil, Euphrat und Tigris wurden in der Folge am Indus und in China am Hoangho uralte, menschliche Agglomerationen freigelegt. Die Zweiteilung in eine ländliche, bäuerliche und eine städtische Gesellschaft begann daher somit bereits in der Zeit der Ur- und Frühgeschichte, also schon vor 5000 - 6000 Jahren. Dabei überrascht vor allem die Erkenntnis, dass offensichtlich die Ausbreitung des Menschen unterschiedliche Wege benützt hat als bisher im Westen gelehrt wurde. Vor allem die Funde im weit abgelegenen China eröffnen neue Sichten auf die Bedeutung und die bisher gelebte Vorherrschaft der weissen Rasse. Ihre bisherige Dominanz durch schnelleren Fortschritt in der zivilisatorischen Entwicklung und die sich daraus ergebende Weltherrschaft bis in die Moderne ist noch wenig erklärt.