Vom homo sapiens zum homo urbis

2. Adam und Eva, Adva und Edam

Der Mensch erfand den Schöpfungsmythos, um sein Wirken auf Erden zu rechtfertigen. Doch Adam und Eva wurden aus dem Paradies vertrieben. Es bleibt der natürliche Vermehrungstrieb einer Spezies, der stetig alles Leben in Vielfalt und Menge explodieren liess. Das Prinzip der Zweigeschlechtigkeit, dient über den Sexualtrieb, der stetigen Ausbreitung einer Spezies; ein Urtrieb, der durch Reproduktion den Tod überwindet und damit eine stetig wachsende Vielfalt der Arten ermöglicht. Das heute so wertvolle Individuum ist eine Schöpfung der sozialen Entwicklung und der gesellschaftlichen Hierarchie. Sie erlaubt Differenzierungen in der Rangordnung, die in ständigem Wandel ist.

Diese Betonung des Persönlichen und der Persönlichkeit ist eher eine Folge der gesellschaftlichen Rangordnung. Doch ob man es wahr haben will oder nicht: am Anfang jeder Familie gab es nur Mann und Frau und daraus entstand als Folgestufe der Clan. Dies ist und bleibt der Ausgangspunkt eines Volkes. Um nicht missverstanden zu werden: dies hat nichts mit Diskriminierung der Gender oder der Frauenemanzipation zu tun. Doch eine moderne Tendenz verwässert die Begriffe und Werte und beginnen ein friedliches Zusammenleben zu erschweren. Der Philosoph Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951) hält fest, dass ein Wort nur im Zusammenhang einer Sprache definiert werden kann. Im heutigen Sprachgebrauch werden selbst solche Regeln ungenau. So werden zum Beispiel in Schwulen- und Lesben - Ehen die Begriffe Mann/Frau und Vater/Mutter als Rollenzuteilung in ihren Familien verwendet, ohne biologische Bedeutung. Doch eine Mutter entwickelt in neun Monaten in ihrem Körper ein neues Lebewesen und teilt buchstäblich ihr Blut mit ihm. Eine tiefere Beziehung kann es nicht geben.

Eine Frau nur als Hausmutter zu qualifizieren, lehnen im Zuge der Emanzipation die Frauen ab. Die bisher absolute, dominante Stellung des Mannes, die wohl aus dem körperlich begründeten Beschützerimage entstanden ist, hat in der modernen Zivilisation eher eine politische Bedeutung. Mann und Frau sind in allen Belangen gleichberechtigte Menschen. Allerdings ist die Weltbevölkerung noch weit von dieser Wahrheit entfernt und sie gilt eher in der städtischen Gesellschaft mit Angestellten-Status.

Eine tiefe Liebesbeziehung zwischen zwei Menschen, ganz ohne den Zwang der sexuellen Gier, ist wohl das tiefste Gefühl, zu der ein Mensch fähig ist. Diese Wahrheit gilt auch für alle Spielarten des Menschen, denn was die Natur erfand, kann nicht Sünde sein. Dieser Begriff ist eine menschliche Wortschöpfung. Somit wäre auch hier ein Wortgebrauch im traditionellen Sinne wenigstens eine Basis für eine sprachliche Verständigung, wie überhaupt der Ursprung aller Begriffe immer die Basis jeder Forschung ist. Doch zu oft dominieren heute aus wirtschaftlichen, politischen und monetären Gründen die „Amerikanismen“. Neue Erfindungen beeinflussen die Alltagssprache. Englische Songs beeinflussen die Alltagssprache, selbst die Sprache der Kinder oft zu Lasten des heimischen Dialektes – ein Zeichen der Zeit wie vieles. Der Dialekt flüchtet sich aufs Land.

Die ländliche Bevölkerung bleibt in dieser Frage eher konservativ. Der enge Bezug zu den natürlichen Abläufen wie die Viehzucht und den Ackerbau formen die Meinungen stärker als die gesellschaftlichen Entwicklungen in den Städten. Soziale Umstürze gären vermehrt in den Agglomerationen, den der städtische Bezug zum Geld ist meist unmittelbarer schon durch die Tätigkeiten. Das tiefe Gefühl für Freiheit und Sicherheit in Gerechtigkeit allerdings schlummert in allen Menschen; vielleicht jedoch tendieren die Auslegungen und das Verständnis für die Begriffe auseinander, denn der Existenzstress in der Stadt ist permanenter.

Meist wurden aus religiösen Gründen naturgegebene Spielarten als „Sünde“ interpretiert. Auch diese Beurteilungen wurde von Menschen erfunden. Heute weiss man, dass die Sünden der Menschheit folgenreicher sind als die Sünden eines Einzelnen. Immer heftiger setzt sich doch die globale Erleuchtung durch, dass der Mensch durch seine Distanz zu natürlichen und moralischen Vorgaben in immer kompliziertere Schwierigkeiten gerät. Mit Hilfe seiner Intelligenz und seiner Techniken glaubt er, als „Homo Deus“ (Yuval Noah Harari) ein neues Paradies erschaffen zu können. Die Wirklichkeit weist in die Gegenrichtung. Noch nie war das Zerstörungspotenzial grösser und in so wenigen Händen konzentriert, wie im 2. Jahrtausend. Es erstaunt, wie nachlässig die Mehrheit auf diese unheimliche Tatsache reagiert. Offensichtlich macht Wohlergehen nachlässig.

Das Klima verändert sich mit krassen Folgen und die Politik beginnt mit Flickwerk dagegen zu steuern. Eine ernsthafte, wissenschaftlich begründete Warnung gab es schon 1961 durch den Club of Rome. Wie jede unbequeme Wahrheit leider zur Unzeit. Doch die letzten Jahrzehnte haben die Lage dramatisch verschlimmert. Die Verantwortlichen dieser Erde haben jedoch andere Interessen als der Erhalt einer gesunden Natur; es geht um den eigenen Anteil an Besitz, Macht und Sicherheit. und es ist bereits eine sehr kleine Prozentzahl von Menschen, die auf Erden alles besitzen. Der Rest lebt von Hoffnung und der simplen Wahrheit, dass der reichste Krösus nicht ohne Hilfe leben kann. Übersieht dabei, dass jener bei Not noch mehr eigene Entscheidungsmacht erhält und die Abhängigkeit verschärft.

Jede Hoffnung stützt sich auf den Glauben an Vernunft und Empathie mit entsprechenden Lösungen auf einem Weg zu Glück und Frieden. Wir Menschen haben noch die Wahl und zumindest den Glauben, uns an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen zu können. Noch ist der Schrei nach Hilfe lauter als die Antwort. Noch ist die erste Frage diese nach der Rendite. Man wird sehen, ob tatsächlich alle Menschen wenigstens Brüder sind, wie es so schön in der Neunten von Beethoven heisst. Die Sinfonie verklingt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.