Das nachhaltige Dilemma des Homo Sapiens
7. Werte und die Nachhaltigkeit
Mehrheitlich festigt sich in der Weltgemeinschaft die Überzeugung, dasss etwas aus der menschlichen Kontrolle gerät, dass ausserhalb unserer Möglichkeiten der Korrektur und unseres Wissen liegt. Die Bemühungen zur Rettung der Schäden in der Natur sind jämmerliche Flickschustereien. Da ist die Überzeugung an das Können der Wissenschaften grösser als der Erfolg. Das Vorhaben scheitert schon bereits an den Kosten und an der Komplexität der Aufgabe; die politische Elite ist zudem nie auf dem notwendigen Wissensstand und lernt vor allem aus sichtbaren Mängeln. Je professioneller der Politikerberuf wird, desto mehr schielt der Kandidat auf die Wahlchancen im Verbund mit der Wirtschaftslage. Diese jedoch sind der Natur und ihren Gesetzen gleichgültig.
Dieser Mangel wäre durch einen wissenschaftlichen Weltrat neutralisierbar. Allerdings müsste endlich dieses verheerende Vetorecht der Grossmächte und alle anderen undemokratischen Vorrechte in den Fachgremien aufgehoben werden. Entweder sind endlich vor dem Gesetz alle gleich oder man manipuliert den kleinen Bürger weiterhin zu Gunsten der Grossen und Mächtigen. Das wäre bereits ein wesentlicher Schritt zur Nachhaltigkeit der Werte. Doch leider gilt weiterhin die Lehre des Dollarkapitalismus. Ein neuer Impuls durch das klassische Europa wäre wieder eine Möglichkeit, doch auch Europa steckt aktuell in einer organisatorischen Krise und krankt an einer historischen, republikanischen Deformation der regierenden Führung. Ein einziger, allerdings kleiner Staat kennt die direkte Demokratie und steht noch wie ein Fels. International einflussreich, bedeutend und einzig humanitäres Vorbild ist das „Rote Kreuz“. Indes baut China sukzessive an einer totalitären, wenn auch wirtschaftlich erfolgreichen neuen Weltmacht als Konkurrent zu den Vereinigte Staaten. Weitere Staaten von wirtschaftlicher Bedeutung werden durch Autokraten geführt.
Somit ist weltweit kein zukunftweisendes Vorbild zu erkennen. Alle Industriestaaten sind gefangen in dieser Produktions- und Verbrauchermühle des Kapitalismus, ob demokratisch oder totalitär. Geld regiert die Welt. Erschreckend und deprimierend, anderseits scheint die Corona Pandemie eine Ahnung zu fördern, dass es noch eine Chance für einen friedlichen Umsturz gibt durch innovatives, wenn auch unpopuläres Planen in Abstimmung mit den natürlichen Gegebenheiten. Es dämmert vor allem der westlichen Wohlstandsgesellschaft, dass die letzten hundert Jahre nie nachhaltig waren, weder sozial, kulturell noch natürlich. Wie Richard David Precht richtig vermerkt: Wo Werte waren, bleiben Geldwerte (KI und der Sinn des Lebens, S. 239).
Die schlimmste Veränderung brachte die Einbindung der elektrischen Energie in den Arbeitsprozess. Damit begann ein neues Zeitalter des Marktes, diese Epoche der Überproduktion, des Materialverschleisses und des extremen Strebens nach Weltmacht in Politik und Handel (z. B. America First). Die Zweiteilung in eine reale und eine geistige Welt verblasst, die Grenzen beginnen sich verflüchtigen. Es ist das Ende des binären Zeitalters. Nachhaltigkeit hat im Denken dieser Entwicklung eine neue Bedeutung, denn durch neue virtuelle Möglichkeiten wird die persönliche Meinungsbildung verunsichert und manipuliert. Mit moderner Technik kann durch Verschmelzung von Analogem und Digitalem jede reale Wahrnehmung über Auge und Ohr verfälscht werden. Diese Verfälschung der Wahrheit wird akzeptiert unter dem englischen Begriff der „Augmented Reality“ (erweiterte Realität). Sie entspricht der anderen amerikanischen Wortschöpfung „Fake News“ (Wahrheit ist, was mir nützt). Mittels sogenannter „Deep Fakes“ können mit Hilfe von künstlicher Intelligenz gar belastende Fotos oder Videos von Gegenspielern in soziale Medien eingespielt werden. Da es für jedermann ersichtlich wird, ist die persönliche Beleidigung ungeheuerlich und kaum total zu eliminieren, selbst wenn der Betrug rasch bekannt ist. Ein Vorreiter dieser neuen „Kultur“ ist der amerikanische Präsident 2020 und somit gerichtlich nicht zu belangen. Und alle Welt übernimmt diese neue Taktik für einen persönlichen Erfolg ohne jedes Rechtsempfinden.
Rücksichtslosigkeit wird salonfähig, denn es entscheidet der Erfolg.
Dies wird leider die Regel, da das amerikanische, kapitalistische Modell zwei Seiten gleichzeitig vertritt, indem es den demokratischen Grundsatz, dass alle Menschen gleich sind und gleichzeitig die Karrieremöglichkeit vom Tellerwäscher zum Millionär als gesellschaftlichen Aufstieg propagiert. Im Kapitalismus ist eben Reichtum und somit Macht ein entscheidender Faktor für die Stellung eines Bürgers in seiner Gesellschaft und nicht das eigentlich egalitäre Gleichheitsprinzip einer Demokratie. Friedrich Schiller hat dieses Ideal im Theaterstück „Wilhelm Tell“ verewigt; der Aufstand der Eidgenossen gegen eine adlige Zentralmacht zur Realisierung des Ideals „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern“. Der Wille einer Ortsbevölkerung zur Selbstbestimmung in einem „weissen“ Lande und nicht wie in der USA durch Besetzung eines sogenannten „wilden Landes voller Heiden“. Für die Entwicklung zu einer Demokratie sind damit die Vorgaben von Fall zu Fall vollkommen unterschiedlich, wie die USA und die Schweiz als Beispiele zeigen.
Sich allein über seine Sinneswahrnehmung eine Meinung zu bilden, kann eine gewollte Selbsttäuschung sein. Bei dem absoluten Volkssport, sich lediglich über Handy zu informieren, beginnt eine Meinungssklaverei. Denn die Steuerung über die Hilfsmittel der Datensammlung und deren Auswertung als Entscheidungsträger und dieser Basisinformation durch Internet und Handy wird ein Grossteil der Bevölkerung in allen Belangen steuerbar und abhängig. Es ist eine bewusst eingesetzte Animation der Kaufsucht durch „fake news“. Nicht die Notwendigkeit allein führt zum Kauf, sondern die Illusion einer Notwendigkeit. Die eigene Wahrnehmung ist in
die „Augmented Reality“ übergeführt und seine eigene Persönlichkeit überspielt worden. Auf diese Art sind bereits ganze Völker zum Spielball eines „Führers“ geworden. Wohin dies schlussendlich „führt“, sollte die Menschheit eigentlich erkannt haben. Wer mit manipulierten Informationen arbeitet, „fake news“ streut, kann keine guten Absichten haben. Man befürchtet, dass vor allem die sogenannte „Generation Smartphone“, die im virtuellen Zeitalter gross geworden ist, schwerlich zwischen physischer und virtueller Realität unterscheiden kann. Von der Geschäftswelt wird dies als neue Erlebnismöglichkeit angepriesen und hat Erfolg. Honny soi qui mal y pense..
Eine erweiterte Realität gibt es in der Natur nicht; auch die dritte Dimension ist Realität. Es ist erschreckend, dass Wahrheit und Trug als Gesinnungspole wohl definiert werden, jedoch der grosse Spielraum dazwischen in Politik und Geschäft ungestraft missbraucht werden darf. So wie man mit 0 und 1 arbeiten kann, sollten Begriffe wie „Gut und Böse“ genügen um die weitere Existenz der Menschheit reel, real und nachhaltig zu ermöglichen. Die erweiterte Realität ist ein Beitrag zur Phantasie oder absichtlichen Täuschung. Die Natur kennt nur eine wirkliche Wahrheit und rächt sich bei Missbrauch. Die Taschenspieler-Tricks bestimmter präsidialer Führer in Wissenschaft, Politik und Handel waren und sind nie zum Wohle aller Menschen gedacht, sondern dienen der Steuerung, einer Absicht, zum Erreichen rein persönlicher Ziele. Im besten Falle zur Befriedigung reiner Spiel- oder Kaufsucht. Gerade bei diesen Süchten wird sich die Menschheit nie einigen können, wo die Grenze zwischen Gut und Böse zu ziehen ist. Auch hier sucht man Nachhaltigkeit vergebens. Ein Spielsüchtiger kommt erst zur Vernunft, wenn er pleite ist. Das ist die wahre „erweiterte“ Realität.