Das nachhaltige Dilemma des Homo Sapiens
8. Das Dilemma
Die weltweite Corona Pandemie 2020 hat einmal mehr vor Augen geführt, wie unglaublich zerbrechlich das gegenwärtige Weltsystem des materiellen Kapitalismus ist. Innert 2 Monaten zerbricht jede gewohnte Ordnung und nur mit massiver Aufstockung von Staatsschulden und totalitär anmutenden Staatseingriffen ins öffentlich-private Leben wird der totale Zusammenbruch des so gewohnten Lebens vermieden. Doch mit jeder Krise rückt ein Fiasco näher und die Vorzeichen häufen sich. Auch das soziale Gleichgewicht kippt deutlich in eine zunehmende Armut, vor allem beim bisher stabilen Mittelstand, bei einer immer extremeren Konzentration des Kapitals in wenige Hände der Superreichen. 3 Milliarden Arme haben gemeinsam ein kleineres Einkommen als die reichsten 400 Familien. Dieses Phänomen hat begrenzt mit persönlicher Tüchtigkeit zu tun, umso mehr mit der simplen Wahrheit, dass nur der investieren kann, der mehr hat, als er zum Leben benötigt und somit riskieren kann, auch bei Totalverlust nicht unterzugehen. Dabei wird gerne übersehen, dass für den Ärmeren ein Verlust von zum Beispiel 10 % mehr bedeutet als für einen Wohlhabenden. Denn diese 10% von 1000 wiegen ungleich schwerer als 10% von 100`000, wenn man darauf angewiesen ist. Kein Armer kann einen Verlust abschreiben. Seine Verdienstmöglichkeiten sind sehr begrenzt. Hingegen bei Spekulation gilt die Lehre nicht, dass man zum Leben Arbeit benötigt, da hier sein Geld für ihn „arbeitet“. Wer bei Krisen über kein Kapital verfügt, hat wenig Spielraum, da er von seiner „Hände Werk“ lebt. Doch vor allem zählt die bittere Tatsache, dass der Verarmte seine Entscheidungsfreiheit verliert. Verarmte sind eine von der Produktions- und Konsumgesellschaft vergessene Kaste. Mit deren ansteigendem Anteil gerät auch die heute gültige Wirtschaftstheorie in Schieflage, da damit der zahlende Konsument verloren geht. Der Traum von Adam Smith von einer goldenen Zukunft durch Industrialisierung versagt am Charakter der Menschen. Die eingetretene Warenschwemme bringt keinen Wohlstand für alle, doch schwer korrigierbare Fehler der Lebensführung und lawinenartige Verschuldung.
Diese Entwicklung hat nichts mit Sozialismus und der mehrheitlichen Meinung zu tun, dass der Tüchtige auch mehr verdienen darf. Wenn der eigene Wohlstand von einem Sklaven herrührt, empfinden es heute alle als skandalös. Wenn der Sklave jedoch wie in der Moderne „Geld“ heisst, versagen die menschlichen Gefühle von Gerechtigkeit. Wer ist da der Sklave? Doch Geld ist das, was der Mensch für jedes Geschäft benötigt. Und Geld bedeutet Macht und definiert die gesellschaftliche Stellung. Ist Mittel für alle Zwecke. In diesem im und zum Leben so bedeutsamen Konstrukt haben es die Humanisten schwer, ihre Lehren unterbringen zu können und wurden somit Teil der heutigen Weltkrise.
Solange das Leben ein Kampf ums Überleben bleibt, sind virtuelle Vorspiegelungen einer Realität schädlich; die Natur korrigiert unerbittlich. Politik und Wissenschaften müssen eingestehen, dass unsere Korrekturen Flickwerk sind und bleiben. Trotz schnellen Entwicklungen von Gegenmitteln hinkt der Mensch stets hinterher. Nachhaltigkeit wäre eigentlich genau das Gegenteil. Dabei ist die Entwicklung des Menschen zum Stadtbewohner (siehe auch „homo urbis“) im Prinzip genau das Verkehrte, obwohl die menschliche Kultur sich auf diesem Weg befindet. Die freie Natur wird zum Erholungsgebiet. Die Entfremdung des Menschen von den natürlichen Vorgaben erfordert ein Studium derselben, um diese zu verstehen. Anderseits ist eine Rückentwicklung zum Jäger und Sammler nur bei einem Weltuntergang denkbar. Doch eines ist klar: Das heute gültige System einer kapitalistischen Marktwirtschaft ist der falsche Weg. Das Dilemma eines in sich selber drehenden Geldmaschinerie mit laufendem Abbau der Ressourcen kann nicht nachhaltig sein. Die vereinigte Intelligenz der Menschheit ist gefordert, einen neuen Weg zu suchen, einer der wahrhaftig nachhaltig ist. Denn der homo sapiens steht tatsächlich vor einer epochalen Schwelle zu einer neuen Arche Noah. Es geht nicht allein um die Nachhaltigkeit in einer „normalen“ Natur, es geht um die Existenz des Menschen an sich.
Fehler zu erkennen und zu gestehen, ist keine Schande. Fehler nicht zuzugeben, dagegen eine Eselei. Denn damit verbaut man sich den Weg zur Besserung. Der Mensch als homo sapiens sollte sich nicht selbst zerstören durch Unverstand. Er hat sich doch gerade dadurch qualifiziert, dass er Denken, Erfinden und Forschen kann. Nach einigen tausend Jahren auf diesem Planeten soll es durch den Fortschritt mit dem Menschen nun zu Ende gehen? Was für ein Wahnwitz!